

Stehen Humanoide für die Zukunft der industriellen Automatisierung?
Die Fabrikautomatisierung entwickelt sich seit Jahrzehnten weiter, aber viele Aufgaben erfordern menschenähnliche Geschicklichkeit, die den heutigen Industrierobotern noch fehlt. Humanoide sollen diese Lücke schließen, dem chronischen Arbeitskräftemangel entgegenwirken und die Produktivität steigern. Hier geben wir einen Überblick über die Herausforderungen und Chancen für intelligente Materialien und Fertigung.
Zusammenfassung
- Mehr Fabrikautomatisierung führt zu höherer Produktivität
- Einführung von Humanoiden hängt von deren Geschicklichkeit ab
- Zulieferer so interessant wie Humanoidenhersteller
Der erste Industrieroboter namens Unimate wurde 1961 von General Motors an einer seiner Fertigungsstraßen eingesetzt. In den frühen 1980er Jahren hatte die Fertigung einen Anteil von mehr als einem Fünftel an den US-Arbeitsplätzen, doch 2024 wird diese Zahl auf etwa 8 % gesunken sein.1 Die Arbeitsproduktivität im Fertigungssektor hat sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt, was die These stützt, dass die Automatisierung keine Arbeitsplätze abschafft, sondern sich wiederholende Aufgaben beseitigt, damit sich die menschlichen Arbeitskräfte auf Tätigkeiten mit höherem Mehrwert im Handel, im Dienstleistungssektor und im Bildungswesen konzentrieren können.2
Die Automatisierung schafft keine Arbeitsplätze ab, sondern beseitigt sich wiederholende Aufgaben, so dass sich die menschlichen Arbeitskräfte auf Tätigkeiten mit höherem Mehrwert konzentrieren können.
Strukturelle Unterstützung
Neben dem stetigen Drang nach höherer Produktivität ist der Arbeitskräftemangel in der Fertigung auch ein struktureller Trend, der die Robotikbranche vorantreiben dürfte. Fertigungsintensive Länder wie China stehen vor der Herausforderung einer schnell alternden Bevölkerung. Nach Schätzungen der WHO wird der Anteil der Menschen im Alter von 60 Jahren und mehr bis zum Jahr 2040 um rund 60 % auf knapp 30 % der chinesischen Gesamtbevölkerung ansteigen.3 Allein in den USA könnten bis 2033 1,9 Millionen Arbeitsplätze im Fertigungssektor unbesetzt bleiben4, während es in Europa 2035 voraussichtlich 50 Millionen Menschen weniger im erwerbsfähigen Alter geben wird als 2010.5
Aktuelle Technologie reicht nicht aus
Viele arbeitsintensive Aufgaben in der Fertigung sind mit den heutigen Industrierobotern nur schwer zu automatisieren. Die Installation von Kabelbäumen, die Kleiderherstellung und die Montage von Elektronik sind alles Beispiele, bei denen menschliches Geschick und Flexibilität nach wie vor unerlässlich sind. Foxconn beispielsweise ist der weltgrößte Elektronikhersteller, der Geräte wie das iPhone in großen Stückzahlen herstellt und immer noch über eine Million Menschen beschäftigt, die meisten davon in der Fertigung.
Menschenähnliche Roboter, sogenannte Humanoide, bieten eine Möglichkeit, die Automatisierung in Fabrikanlagen zu integrieren, die ursprünglich für Menschen gebaut wurden. Heute entwickeln weltweit mehr als 160 Unternehmen Humanoide.6 Dazu gehören der Optimus von Tesla, der G1 von Unitree, der Atlas von Boston Dynamics und der Iron von Xpeng, die sich alle in der Testphase befinden oder kurz davor stehen, in Produktionsstätten weltweit getestet zu werden.
Abbildung 1 – Die Bandbreite der Roboter: von Industriearmen bis zu Humanoiden

Von links nach rechts. 1) Das Robotermodell Unimate wurde erstmals 1961 in einer GM-Fertigungsstraße eingesetzt. 2) Ein traditioneller Roboterarm, der für Aufgaben wie das Schweißen verwendet wird. 2) Ein autonomer mobiler Roboter (AMR), der für den Transport von Lagergütern eingesetzt wird. 3) Ein Cobot – ein Roboterarm mit hoher Flexibilität und Sicherheit für die Arbeit an der Seite von Menschen. 4) Ein humanoider Roboter, der zu menschenähnlichen Bewegungen, Präzision und Geschicklichkeit fähig ist.
Quelle: Internationaler Robotikverband, Waseda-Universität Japan, Robotsguide.com, Universal Robots
Automobilunternehmen wie Mercedes-Benz, BMW, Tesla und einige chinesische Hersteller von Elektrofahrzeugen testen Humanoide für verschiedene Aufgaben – von der Inspektion von Türschlössern und Sicherheitsgurten bis hin zu handwerklich anspruchsvollen Aufgaben wie dem Einsetzen von Blechteilen in die dafür vorgesehenen Vorrichtungen bei der Montage der Fahrzeugkarosserie.
Humanoide und ihre bisher fehlende Geschicklichkeit
Aktuatoren sind für die Erzeugung von Bewegungen verantwortlich und mit etwa 20-30+ Aktuatoren pro Roboter sind sie im Allgemeinen die teuersten aller humanoiden Teile.
Abbildung 2 – Geschicklichkeit ist teuer

Die für menschenähnliche Bewegungen erforderlichen Aktuatoren haben einen Anteil von fast 50 % an den Kosten für Bauteile.
Quelle: Morgan Stanley, Robeco 2025.
Mit der heutigen Technologie haben einige der fortgeschrittensten Humanoiden bewiesen, dass sie Aufgaben, die ein gewisses Maß an Präzision erfordern, relativ gut erledigen können. Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zur Masseneinführung ist aber die Entwicklung einer allgemeinen Geschicklichkeit, durch die diese Roboter mehr als nur eine einzige vorprogrammierte Aufgabe in einer streng kontrollierten Umgebung ausführen können.
Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zur Masseneinführung ist aber die Entwicklung einer allgemeinen Geschicklichkeit.
Während menschliche Hände sowohl Geschicklichkeit als auch Nutzlast unter einen Hut bringen können, benötigen Roboter, die mit hoher Kraft arbeiten, Aktuatoren mit hohem Drehmoment. Diese sind in der begrenzten Größe einer Roboterhand nur schwer unterzubringen. Außerdem können die mechanischen Kräfte, die beim Greifen schwerer Gegenstände auftreten, die Sensoren für die Feinmotorik stören oder sogar beschädigen.
Forscher wie Rodney Brooks, Mitbegründer und ehemaliger Chief Technology Officer von iRobot, argumentieren, dass ohne bessere mechanische Systeme eine Geschicklichkeit auf menschlichem Niveau schwerlich erreichbar wäre. Selbst bei den fortgeschrittensten menschenähnlichen Robotern bleibt die reibungslose Bewältigung präziser und heikler Aufgaben heute eine sichtbare Herausforderung.
Die Hersteller mechanischer Komponenten werden bei der Bewältigung dieser Herausforderungen wahrscheinlich enorm wichtig sein und eng mit den Entwicklern von Humanoiden zusammenarbeiten, um die Roboterbewegungen zu verbessern. Dieser Sektor besteht größtenteils aus einer Handvoll hochspezialisierter technischer Anbieter, darunter Regal Rexnord, Inovance und Harmonic Drive.

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Bildverarbeitung und Akkulebensdauer
Die Bildverarbeitung des Roboters ist eine weitere spürbare Herausforderung. Automatisierte Hochgeschwindigkeitssysteme, wie z. B. Schweißroboter, stellen ein Sicherheitsrisiko dar und müssen daher in eng begrenzten Bereichen arbeiten. Einen Zaun um einen sich ständig bewegenden menschenähnlichen Roboter zu errichten, ist offensichtlich kaum praktikabel. Damit solche Roboter frei in der Fabrikhalle agieren können, müssen ihre Bildverarbeitungssysteme nahezu perfekt sein.
Lidar-Systeme werden hier wahrscheinlich unerlässlich sein. Diese laserbasierten Entfernungssensoren werden heute vor allem in fortgeschrittenen Antriebssystemen von Fahrzeugen eingesetzt, aber Hersteller wie Hesai Robotics und RoboSense konzentrieren ihre Forschungs- und Entwicklungsressourcen bereits auf die Robotik.
Abbildung 3: Der Lidar-Markt wächst schnell

Prognose des Lidar-Marktes für nicht-automobile Anwendungen. Angaben in Renminbi.
Quelle: Jefferies, Robeco 2025.
Die Akkulebensdauer von menschenähnlichen Robotern ist ebenfalls noch deutlich verbesserungswürdig. Während Menschen Acht-Stunden-Schichten leisten können, halten Humanoide derzeit nur etwa zwei bis drei Stunden durch, bevor sie wieder aufgeladen werden müssen. Deshalb lohnt es sich, die Fortschritte zu verfolgen, die Unternehmen wie Contemporary Amperex Technology im Akkubereich erzielen.
Smart Materials D EUR
- performance ytd
- -3,81%
- Performance 3y
- -1,15%
- morningstar
Frühere Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.
Ausblick
Die Schätzungen des künftigen Marktvolumens für Humanoide gehen weit auseinander und reichen von einigen wenigen bis zu Hunderten Milliarden Dollar in den kommenden Jahrzehnten bis hin zu niedrigen Billionen-Dollar-Zahlen auf längere Sicht. Diese Prognosen gehen zwar von einer breiten Akzeptanz in allen Sektoren außerhalb der Fertigung aus, doch dürfte der Anteil der Fertigung erheblich sein, da in diesem Bereich menschenähnliche Roboter wahrscheinlich am dringendsten benötigt werden.
Humanoide haben das Potenzial, die industrielle Automatisierung zu verändern, aber die Kommerzialisierung der Technologie wird von weiteren Innovationen und Verbesserungen in der gesamten Lieferkette abhängen. Das reicht von Hardwarekomponenten und Batteriesystemen bis hin zu Bildverarbeitungs- und Wahrnehmungsalgorithmen. Unternehmen, die diese zugrundeliegenden Technologien zur Verfügung stellen, könnten davon ebenso profitieren wie die Hersteller von Humanoiden selbst.
Wichtiger Hinweis: Die dargestellten Unternehmen dienen nur zur Veranschaulichung der Anlagestrategie zum angegebenen Datum. Diese Unternehmen werden nicht unbedingt von der Strategie gehalten. Es handelt sich hierbei weder um eine Kauf-, Verkaufs- oder Halteempfehlung, noch soll ein Rückschluss auf die zukünftige Entwicklung des Unternehmens gezogen werden.

Intelligente Materialien und Fertigung
Fußnoten
1University of Wisconsin-Stevens Point, 2025
2Manufacturing Sector: Labor Productivity (Output per Hour) for All Workers (OPHMFG) | FRED | St. Louis Fed
3https://www.who.int/china/health-topics/ageing
4Skills, applicant gaps threaten US manufacturing growth
5https://www.ft.com/content/49e1e106-0231-11ea-b7bc-f3fa4e77dd47
6Shenzhen New Strategy Media's Industrial Research Institute, 2024